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Unsicherheit zwecks Augenprothese
Verfasst: Fr 30. Okt 2020, 22:22
von Sila2007
Hallo ich bin hier neu und habe da einige Fragen bezogen auf eine Augenprothese. Als Kind hatte ich einen Unfall und war nie zufrieden mit meinem Spiegelbild. Natürlich habe ich schon oft über ein künstliches Auge nachgedacht, aber niemanden gefunden der mich gut beraten konnte. Leider keiner meiner Augenärzte noch jemanden anderen. Mich interessiert wie so eine Augenoperation abläuft? Wie das mit dem Glaskörper dann abläuft? Wie es mit der Augenbewegung ausschaut? Wie das eigene Wohlbefinden ist? Gerne kann ich auch ein Foto zur Verfügung stellen ob ich da mir vielleicht zuviel Gedanken mache.
Lieben Dank schon mal.
Re: Unsicherheit zwecks Augenprothese
Verfasst: Sa 31. Okt 2020, 14:23
von Charlotte
Hallo Sila,
willkommen im Forum!
Du schreibst leider nicht, wie es mit der Sehfähigkeit deines "Problemauges" ist.
Solange es nur ein optischer Makel ist, wird wohl kein Arzt einer Entfernung zustimmen.
Und natürlich ist so eine Entfernung des Auges und alles was danach kommt keine Kleinigkeit. Und deshalb ist so eine Entscheidung schwierig.
Normalerweise reicht es nicht einmal aus, wenn das Auge blind ist und das Aussehen einen stört.
Erst wenn andere Beschwerden dazu kommen ( Schmerzen, ständige Entzündung u.ä. ) wird die OP empfohlen.
Also wenn du magst, erzähl ein bisschen mehr von dir
.
Liebe Grüße
Charlotte
Re: Unsicherheit zwecks Augenprothese
Verfasst: Sa 31. Okt 2020, 20:02
von Patient81
Hallo Sila,
herzlich willkommen im Forum. Ich gehe mal stark davon aus, dass du auf dem Auge nichts siehst, wenn du schon über eine Augenprothese nachdenkst? Also die optische Gestaltung ist eingetreten, nachdem das Auge sowieso nichts mehr sieht, habe ich das richtig verstanden?
Wenn du also nichts siehst und die Optik wirklich auf deine Psyche schlägt, müsstest du das mal bei deiner Krankenkasse nachfragen. Anbei hier eine Seite des Ocularisten Verbands ( Augenprothetiker Verband) :
https://www.dogb.de/
Vielleicht schilderst du denen mal deine Sachlage und ich denke, dass die ein breiteres Netzwerk haben, um dich entsprechend zu beraten.
Also bei mir persönlich war es so, dass das Auge entfernt wurde, weil es medizinisch nötig war.
Liebe Grüße
Patient81
Re: Unsicherheit zwecks Augenprothese
Verfasst: Mo 2. Nov 2020, 00:50
von Sila2007
Hallöchen, vielen Dank schon einmal. Den Unfall mit einem Pfeil hatte ich mit acht Jahren. Mein Leben habe ich immer alleine gemeistert, doch natürlich sind mir die Blicke von anderen Menschen immer wieder aufgefallen. Seid dem ich eine neue Hornhaut bekam, vor 10 Jahren, wird das Auge immer trüber und es fällt noch stärker auf. Meine Sehstärke beträgt max 3%. Früher war ich als Koch arbeiten, da ist es kein Problem sich zu verstecken. Nun mache ich eine Umschulung zum Erzieher und habe mit den Eltern zu tun. Ja die Eltern haben einen sehr komischen Blick, wieso arbeitet so jemand mit meinem Kind. Obwohl ich sagen muss Kinder haben da überhaupt keine Berührungsängste. Schmerzen habe ich nicht, aber der Augapfel schrumpft weiter. Eine Kontaktlinse habe ich schon bekommen, aber da habe ich Schwierigkeiten sie einzusetzen, da das Auge sehr empfindlich ist.
Ich kann mir auch vor dem Spiegel nicht selbst in die Augen schauen, ja das mit den Fotos kenne ich auch. Ich glaube es gibt nur eine Handvoll Fotos von mir aus den letzten 30zig Jahren. Eigentlich möchte ich ein ganz normales Leben führen aber mit diesem Auge funktioniert es nicht.
Lieben Gruß Sila
Re: Unsicherheit zwecks Augenprothese
Verfasst: Mo 2. Nov 2020, 09:42
von Charlotte
Hallo Sila,
oh, wie mir das bekannt vorkommt!!!
Mein - allerdings von Geburt an blindes Auge - hat sich auch mehr und mehr verändert, ist geschrumpft und hat zum Schluss ständig zur Nase geschielt. Fotos habe ich immer vermieden, hab vermieden andere Menschen anzuschauen usw. All das, was du auch kennst.
Ich hab mich fast gefreut, als die ersten Schmerzen anfingen und ich sagen konnte, dass es jetzt wirklich raus muss.
Erst da haben die Ärzte das auch akzeptiert.
Aus medizinischer Sicht muss man eben erst Schmerzen bekommen, da reicht es nicht, unter dem Aussehen zu leiden...
Aber ob du Schmerzen hast und wie stark diese sind, das kannst schließlich nur du beurteilen.
Jetzt ist es für mich wie ein neues Leben: ich schau mich gerne im Spiegel an, schaue anderen Menschen ins Gesicht und bin total froh mit meiner Augenprothese. Dass die sich kaum mitbewegt ist im Gegensatz zu früher für mich ein Miniproblem.
Allerdings: mein Auge war blind und deine 3% Sehfähigkeit, das ist immerhin noch ein bisschen.
Sollte mit dem anderen Auge jemals etwas passieren, hättest du zumindest noch diese 3%.
Das ist meiner Meinung nach ein ziemlich wichtiger Grund, der gegen eine OP spricht.
Und ich glaube aus diesem Grund wird auch kaum ein Arzt der OP zustimmen.
Wahrscheinlich wirst du abwarten müssen, wie sich alles weiter entwickelt.
Ich wünsch dir Geduld - und freu dich über die Kinder, die so unbefangen sind!
Vielleicht kannst du denen auch ein tolles Vorbild sein, weil sie merken, dass "anders aussehen" gar nicht so schlimm sein muss
.
Liebe Grüße
Charlotte
Re: Unsicherheit zwecks Augenprothese
Verfasst: Di 3. Nov 2020, 13:41
von Patient81
Hallo Sila,
sehr bedauerlich, was passiert ist mit deinem Auge. Ich kenne natürlich die ganzen Richtlinien nicht, ab wann man eine Enukleation etc. bekommen kann/darf. Aber wichtig ist, dass du das Problem angehst und dir professionelle Hilfe holst. Melde dich bei den Ocularisten, deren Seite ich dir gab. Denke, die können dir über rechtliche Dinge mehr als wir sagen und dich auch entsprechend weiterleiten.
Abgesehen von den medizinischen Fragen habe ich für dich aber einen wichtigen Hinweis, was dir vielleicht helfen könnte, das alles zumindest besser zu ertragen. Verstecke dich nicht, mach dich nich klein, senke nicht deinen Kopf nach unten! Bleib selbstbewusst. Thematisiere dein Auge, wenn du denkst, der Moment ist richtig gerade. Denke, wenn du darüber redest, wird es auch viel mehr Erleichterung geben für alle Parteien. Natürlich kann man nie in die Köpfe schauen. Aber ich denke mal, dass da auch Eltern so "blöd" gucken, weil sie sich unsicher sind, was sie davon halten sollen. Denn letzten Endes betreust du ja deren Kinder. Das darfst du daher nicht persönlich nehmen. Denn die kennen dich nicht, sehen erst einmal das, was das Auge wahrnimmt.
Wenn du dir dann vergegenwärtigst, dass sogar "normale" Menschen sich gegenseitig begutachten, dann sollte es eigentlich schon Klick machen bei dir.
Ich kann für mich sprechen - als ich begann, immer offen darüber zu reden, wurde ich mit der Zeit auch immer lockerer. Und es macht dich dann auch immer mehr selbstbewusster. Klar gibt es auch Rückschläge, weiterhin Enttäuschungen. Aber man kommt entschieden besser damit klar, wenn man sich nicht versteckt. Es ist ein Prozess. Vielleicht traust du dir das mal zu und machst den ersten Schritt und sprichst mal darüber mit einem Elternteil, dass dich anschaut. So ganz locker und urteilsfrei, als ob du gerade einen Vortrag über das Auge hältst.
Lieebe Grüße
Patient81
Re: Unsicherheit zwecks Augenprothese
Verfasst: Di 3. Nov 2020, 18:12
von Sila2007
Lieben Dank für deine schönen Worte Patient81 natürlich auch an die anderen. Ja eigentlich bin ich eine selbstbewusste Person, die sich über das Auge auch definiert, vielleicht habe ich auch in diesem Jahr viel zu viel durchgemacht um es nun auf das Auge zu schieben. Leider kann ich dies nicht genau sagen. Auf der einen Seite macht dieses Auge meine Persönlichkeit aus aber auf der anderen Seite ist es sehr schwierig es ständig positiv zu reden. Klar hatte ich schon seit einigen Jahren den Gedanken an so einer OP, hatte auch vor 9Jahren eine Hornhauttransplantation, in der Hoffnung meine Sehfähigkeit und das Aussehen des Auges verbessert sich, leider ist das Gegenteil eingetreten ich rede hier von einer Sehfähigkeit von 5% auf 3%. Vielleicht auch deshalb beschäftige ich mich nun noch intensiver mit diesem Thema.
Auf der Seite war ich auch gleich und habe auch schon einiges gefunden.
Liebe Grüße Sila
Re: Unsicherheit zwecks Augenprothese
Verfasst: Mi 4. Nov 2020, 11:07
von Patient81
Hi Sila,
natürlich ist das Aussehen wichtig. Aber steigere dich nicht in etwas rein, was du dir wünscht. Denn das nimmt dir kostbare Kraft und die Enttäuschung ist auch treffender, wenn es nicht klappt. Mein Rat ist, akzeptiere dich so, wie du bist. Versuche, selbstbewusst damit umzugehen. Wenn du es als Normalität begreifst, wirst du schnell merken, dass du auch Einfluss auf die Menschen haben wirst mit deinem Umgang damit. Viele werden dich auch bestimmt dafür schätzen und respektieren.
Und wie gesagt, wenn man es thematisiert, nimmt das auch Spannung raus. Wenn ich in ein Umfeld komme, sei es Arbeit, Verein etc., spreche ich mein Auge immer an. Mal etwas früher, mal etwas später. Und es ist dann befreiend. Dann brauchst dir keine Gedanken machen, warum jemand schaut. Denn dass Leute trotzdem schauen, ist unumgänglich.
Denke, wenn du diesen psychologischen Aspekt meisterst, wirst du auch diese Anspannung nicht mehr haben.
In dem Sinne hoffe ich, dass ich dir helfen konnte, zumindest paar nutzvolle Ideen geben konnte.
Melde dich einfach, wenn Fragen hast.
Gruß
Patient81
Re: Unsicherheit zwecks Augenprothese
Verfasst: Mi 4. Nov 2020, 12:30
von Charlotte
Hallo Sila,
ich finde Patient81 hat genau die richtigen Worte gefunden - DANKE Patient81, da kann ich mich voll und ganz anschließen!!!
Auch wenn ich aus eigener Erfahrung weiss, wie schwierig es ist dahin zu kommen. Das Ziel stimmt!
Ich hab einen schönen Spruch gelesen, der ungefähr das Gleiche sagt:
"Wenn du einen Mangel nicht verbergen kannst, dann präsentiere ihn ganz offen!"
Übrigens: auch nach einer OP würdest du evt. nicht ganz zufrieden sein, z.B. weil das Auge sich nicht richtig mitbewegt.
Bei mir war der Unterschied allerdings ganz krass, weil das Auge vorher so stark geschielt hat. Da konnte es nur besser werden
.
Wenn du magst und wenn es dir weiterhilft, schick gerne ein Augenfoto zur Beurteilung.
Liebe Grüße
Charlotte
Re: Unsicherheit zwecks Augenprothese
Verfasst: Mi 31. Aug 2022, 18:33
von Franz
Hallo,
ein großes Problem das hier angesprochen ist.
Meine Sehbehinderung, angeborener Grauer Star, war meinen Spielkameraden und Schulkameraden der Volksschule bis zur 6. Klasse immer bekannt. Ab der 3. Klasse hatte ich ein Glasauge links und eine Starbrille mit +14,5 Dptr rechts. Das Glas der Brille war links plan und rechts dick, schwer und nicht entspiegelt. Mein Gesichtsfeld war erheblich eingeschränkt. Ich wuchs auf dem Dorf auf. Spielkameraden waren in der Regel Jungs gegen die ich mich meistens körperlich durchsetzen musste, was ich ganz gut konnte. Ich würde sagen, dass ich zwar akzeptiert war, aber von so manchen vor allem sportlichen Aktivitäten versucht wurde mich ausgeschlossen zu werden. Da ich an Sport eh kein großes Interesse hatte, hat mich das nicht so sehr gestört.
Erst als ich in die Realschule wechselte veränderte sich das, da meine Schulkameraden mir unbekannt waren und ich ihnen natürlich auch. Man konnte zwar optisch feststellen, dass ich eine Sehbehinderung hatte, aber keiner wusste was dahinter steckte. Auch die Lehrkräfte waren nicht informiert, durch meine Eltern. Nachgefragt wurde nie. Mit dem sehenden Auge hatte ich durch die Brille ein gutes Sehvermögen, aber halt ein eingeschränktes Blickfeld, was doch hin- und wieder zu kleineren Problemen führte, wie z.B. dass mir bei einer Ex das Blatt entzogen wurde weil ich angeblich vom Nachbarn abgeschrieben hätte. Tatsächlich war mir das durch die Einschränkung meines Gesichtsfeldes gar nicht möglich.
Als mein Interesse am anderen Geschlecht sich zu regen begann, hatte ich sehr schlechte Karten. Keine wollte mit einer Brillenschlange wie mir zu tun haben. Meine Minderwertigkeitsgefühle versuchte ich zu kaschieren indem ich mich interessanter zu machen glaubte, wenn ich mich rebellisch verhielt. Ich begann verbotenerweise zu rauchen. Provokativ auch öffentlich auf dem Schulhof. Das brachte mir natürlich nicht nur einmal einen Verweis ein.
Als ich die Realschule beendete war ich 18 Jahre alt. Ich begann eine kaufmännische Lehre und war dann nicht mehr krankenversichert über meinen Vater, sondern selbst bei einer kaufmännischen Krankenkasse. Das war 1967. Der Unterschied war gewaltig. Plötzlich bekam ich eine optisch ordentliche Brille und mit knapp 19 Jahren versuchte ich mich mit einer Kontaktlinse. Bis heute trage ich bis zu 18 Stunden täglich eine Kontaktlinse mit+ 15,75 Dptr ohne Probleme. Es ist eine harte hoch sauerstoffdurchlässige Kontaktlinse.
Meine optische Veränderung die sich dadurch ergab, ließ auch mein Minderwertigkeitsgefühl schrumpfen. Von meinem Glasauge aber wussten die meisten meines Bekanntenkreises und meiner Arbeitskollegen/innen nichts. Ich habe es lange nicht thematisiert und nur Wenigen fiel es auf, da durch eine eingesetzte Plombe eine gewisse Beweglichkeit gegeben war. Erst mit etwa 50 Jahren habe ich es auch durchaus selbstbewusst öffentlich gemacht. Die Reaktionen waren oftmals sogar richtigt ungläubig. Du spinnst, du lügst mich jetzt an. Welches deiner Augen soll denn ein Glasauge sein, waren oft Reaktionen.
Ich kann nur sagen, hätte ich mich eher dazu durchgerungen mit meiner Behinderung offen umzugehen, statt sie möglichst zu verbergen, wäre vieles vielleicht für mich leichter gewesen.
Das nötige Selbstbewusstsein hat sich bei mir erst relativ spät eingestellt.
Gruß
Franz